Eine „verrückte Idee“, die die Welt verändert

Ja, es stimmt – die SPD schenkte ihrem Bürgermeister 1994 die Partnerschaft mit Alem Katema zum 50. Geburtstag. Zumindest den Antrag hierzu im Gemeinderat am 14. April. Was nach 25 Jahren eher komisch klingt, war damals der politischen Realität geschuldet: Dingler hatte keine Mehrheit im Gemeinderat. Doch Dinglers Sorge um die „verrückte Idee“ war unbegründet – der Gemeinderat stimmt einstimmig für die erste Partnerschaft einer deutschen und einer äthiopischen Kommune. „Das war ein breiter politischer Konsens jenseits der Parteiinteressen“, freut sich Dingler noch heute.

Heute, das war der Stammtisch der Partnerschaftsvereins am 28. März in der Landlust: „25 Jahre – von der Idee zur Gründung“ hieß dann auch der Titel der Veranstaltung, zu der sich Peter Dingler den Fragen des Vereins stellte. Auch dass zunächst eine „Patenschaft“ geplant war, erklärte der Ex-Bürgermeister mit den dem politischen Umfeld: „Ich wollte das gar nicht so hochhängen“. Bei der Gründung des Partnerschaftsvereins im Dezember 1994 wurde das Wort „Patenschaft“ in der Satzung schließlich auf Vorschlag des Pfarrers Ludwig Haffner durch das Wort „Partnerschaft“ ersetzt. Eine Entscheidung, die bis heute richtungsweisend ist.

Wie kam es dann aber überhaupt zu dieser „verrückten Idee“? Alles begann damit, dass Dingler bei einer Rede zum 10. Todestag des Dirigenten Karl Böhm 1991 dessen Sohn Karlheinz kennen lernte. Der bekannte Schauspieler und Gründer der Äthiopien-Stiftung „Menschen für Menschen“ war damals, wie sein Vater zuvor, Bürger von Vaterstetten. Karlheinz Böhm war für Dingler die Personifikation all dessen für was er sich als „Provinzbürgermeister“ schon über Jahre interessiert hatte. Am meisten beeindruckt hat ihn dabei der so genannte Brandt-Report – einem vom damaligen Weltbank-Präsidenten Robert McNamara angeregter Bericht, der schließlich bei der Übergabe an die Vereinten Nationen den Titel „Das Überleben sichern. Gemeinsame Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer“ trug.

Noch selten hatte Dingler jemand mit so „gnadenloser Energie“ Energie erlebt wie Böhm: „Er brannte für seine Idee und konnte in anderen ein Feuer entfachen.“ Als schließlich 1993 die Einladung kam 10 Tage nach Äthiopien zu reisen, musste der Bürgermeister nicht lange überlegen. „Die Idee für einer Partnerschaft hat ich einfach mit auf Reisen genommen“, erklärt Dingler und verknüpft das mit dem positiven Erleben der deutsch-französischen Partnerschaft mit Allauch. Aber auch die äthiopische Seite war vorbereitet worden – denn als Dingler mit Karlheinz Böhm in Alem Katema/Merhabete ankam trugen die Bewohner bereits Vaterstetten-T-Shirts. Offensichtlich hatte „Menschen für Menschen“ im Hintergrund ganze Arbeit geleistet. Vermutlich hätte es das aber gar nicht gebraucht, um Dingler von Alem Katema zu begeistern. Der Funke war im ersten Moment übergesprungen und außerdem hatte er ja schon eine Partnerschafts-Urkunde unterschriftsbereit in der Tasche. Unter Ermangelung eines Bürgermeisters muss hierfür ein „Dorfältester“ gefunden werden – Alem Katema hatte damals rund 4000 Einwohner (heute ca. 30.000). Als zweiter unterzeichnete damals der Lehrer Desalgen Wondinmeh, seit 2014 festangestellter Sekretär des Partnerschaftsvereins.

Noch heute ist Dingler überzeugt, dass solche kleinen, inzwischen gar nicht mehr so verrückten Ideen die Welt verändern können: „Wenn 6000 Gemeinden aus dem Westen 6000 Partnerschaften mit afrikanischen Gemeinden schließen, dann wirkt sich das auf Zusammenleben in der Welt aus.“ Wenn Dingler über das bisher Erreichte zwischen Alem Katema und Vaterstetten berichtet, gerät er ins Schwärmen. Die ersten zehn Jahre und die ersten Projekte der Partnerschaft sind jedoch Themen, die bei einem Stammtisch am 25. Juli Thema ein werden.

Auch die SZ Ebersberg berichtete über den Abend mit Partnerschafts-Initiator Peter Dingler.

Post a comment